Simplify your Fototasche

Alle Jahre wieder im Januar ist es soweit und mein Blick schweift über die Kameras und Objektive, die Staub gefangen haben, die Stirn dabei sorgenvoll gerunzelt, denn nichts verliert so schnell an Wert wie elektronische Geräte von Vorgestern. Den Staublappen her und abgewedelt, was ein paar Tage später bei Ebay angepriesen und verscherbelt wird.

Morituri te salutant

Zum Abschuss in der virtuellen Auktion wird freigegeben, was in den letzten Monaten nur wenige Male zum Einsatz kam. In meinem Fall tragischerweise ein ganzes System, nämlich die Sony A6000 nebst einigen Festbrennweiten und Zoomobjektiv.

Was war passiert? Hoffnungsfroh gekauft wegen ihrer unglaublich schnellen Actionfähigkeiten, prädiktivem AF und Serienbildern à la Maschinengewehr, dann letztlich überflüssig geworden durch das obligatorische DSLR-Upgrade im letzten Jahr (Nikon D600 auf D750) mit verbessertem AF-System.

DSLR vs. DSLM (Spiegel vs. Mirrorless)

Und hier war es auch schon wieder, das Dilemma der fotografischen Neuzeit: großer schwarzer Brocken mit Schwungspiegel und Fensterguckloch oder kleines elektronisches Bildcomputerchen mit digitalem Wysiwyg-Sucher (What you see is what you get). Der Leser ahnt es vielleicht schon, der Trend geht bei mir eher wieder zurück zur DSLR, der digitalen Spiegelreflex.

„Akkusauger“

Die Sony-DSLM (Wechselobejektivkamera ohne Spiegel) ist ein kleines Elektronikwunder und alles an ihr braucht Strom, d.h., eigentlich muss man sie fast immer vor einem Spontanshoot mit einer frischen wiederaufladbaren Batterie bestücken. Nicht, dass der Eindruck entstehe, dass ich keine Spiegellose mehr besäße, tue ich schon, denn der Vorteil dieser Kameraart ist ihre Kompaktheit. Eine DSLR ist groß und wuchtig, wer stundenlang mit sowas auf Veranstaltungen fotografiert, hat Muckis oder am nächsten Tage Muskelkater.

Kleinbild sticht APS-C

Also bei mir musste das letzte Gehäuse mit kleinerem Sensor gehen, unter 35er Format läuft nichts mehr, die Sony A7 – ihres Zeichens mit Vollformatsensor – darf als Zweitkamera bleiben, weil sie in der Fototasche nicht arg aufträgt. Sie kommt aber nicht oft zum Zuge. Warum?

Mir schwante Arges bereits im letzten Urlaub, als ich mein Nikon-Geschütz durch die Straßenschluchten von New York wuchtete. Irgendwie wollte ich keine Kompromisse fotografischer Art mehr eingehen. Also blieb mir nichts anderes übrig, mit dem schnelleren AF und der besten Bildqualität zu operieren. Die A7 fokussiert langsam und wurde durch die damalige D600 bei wenig Licht deklassiert. Die D750 ist jetzt in fast allen Disziplinen davongezogen. Oft habe ich auch noch einen Aufsteckblitz mit Lichtformer im Blitzschuh stecken und das balanciert sich auf einem leichten Gerät denkbar schlecht.

Und? War’s das?

Für mich erst mal ja. Sony arbeitet zwar mit Hochdruck daran, ihre A7-Reihe schneller zu machen und mit besserer ISO-Leistung und Bildstabilisierung auszustatten, auch Objektive gibt es mehr und mehr. In der fernen Zukunft könnte dann die DSLM irgendwann die Führung übernehmen. Im Alltagsgeschäft eines kommerziellen Fotografen hat ein großer, schwarzer Kasten jedoch noch viele Vorteile, u.a. auch das Handling mit vielen dedizierten Knöpfen, das einem schon seit Jahren zur zweiten Natur geworden ist.