Während ich meine neuesten Gedanken als Angestellte in der Medienindustrie aus meiner höchst persönlichen Sicht sammle und notiere, läuft bei mir nebenher der Podcast „Hobbylos“ von Rezo und und Julien Bam. Somit ist schon der erste Teil des Überschrift gesetzt, wobei ich die Folge vom 18.7.25 nach 10 Minuten abschalte, weil sich hier kein Mehrwert manifestiert.
Kurz definiert:
„Hobbylos“ ist ein Begriff der Jugendsprache, der ursprünglich „ohne Hobbys“ oder „langweilig“ bedeutet, aber auch als abwertende Bezeichnung für jemanden verwendet wird, der/die sich nicht für bestimmte Dinge begeistert oder nicht mit dem Zeitgeist geht. Es kann auch bedeuten, dass jemand keine Interessen oder Leidenschaften hat und somit als „uncool“ oder „spießig“ gilt. (Google-KI)
Allerdings fehlt der Hinweis, dass das Wort schon 2010 und in der Schweiz zum Wort des Jahres gekürt wurde. Also so ganz neu ist der Gedanke nicht.
Da ich ja irgendwas mit Medien mache, werde ich im folgenden aus dieser Sicht über KI sprechen. Braucht es hierzu eigentlich noch eine Definition? Ich meine nein, denn sie ist mehr und mehr mit unserem Alltag verwoben, LLM wie ChatGPT oder Gemini sind schon in der breiten Nutzung angekommen, spezielle Apps, z.B. Bildgeneratoren wie Midjourney und Imagen sind gerade bei Bildredakteuren gern im Einsatz. Seit ca. zwei Jahren sehe ich bei der Bildrecherche in Adobe Stock immer mehr Motive, die die typische Bildsprache von Midjourney und einen Tag „KI-generiert“ aufweisen. Man habe sich daran schnell sattgesehen, meinte das Docma-Magazin Ende Mai in ihrem Blog:
https://www.docma.info/blog/die-grosse-ki-langeweile
Der sehr lesenswerte Beitrag stellt fest, dass die günstig und blitzschnell erstellten Artefakte keine großen Würfe sein können. Es wird aus einem Pool an bereits veröffentlichen Bildern irgendetwas was neu zusammengewürfelt. Wer auf X oder LinkedIn scrollt, sieht Spielereien, z.B. personalisierte Actionfiguren im Blister oder lustige Memes im Stil von Conni-Kinderbüchern, die alle lustig fanden außer dem Cornelsen-Verlag:
https://www.perfectcorp.com/de/consumer/blog/generative-AI/conni-meme-selber-machen
https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/carlsen-verlag-conni-memes-urheberrecht
Kleiner Diskurs: Internet
War das Internet schon eine riesige Revolution, die in den vergangenen 30 Jahren unser Leben verändert hat, so ist die darauf aufgesetzte KI mit all ihren Facetten, also generative, analytische und Prozesse automatisierende KI, der Beginn einer noch viel größeren Revolution – davon später mehr. Das Internet hat uns produktiver gemacht, Recherche vereinfacht und leistungsfähige Software in Form von günstigen Apps bereitgestellt. Klar mussten wir noch viel ausprobieren und bewerten, um uns für Tools und Prozesswege zu entscheiden, aber der Erfahrungsaustausch mit anderen Usern über Foren oder YouTube ist eine große Hilfe.
Ein Beispiel aus dem Jahre 2005: eine Werbeagentur überlegt sich, für einen Auftrag eine Online-Druckerei einzusetzen. Man wägt ab, ob die Qualitätsansprüche dem Kundenwunsch genügen. Also schaut man sich Bewertungen von verschiedenen Anbietern an und löst einen Probeauftrag aus. Das Ergebnis entspricht dann nicht der Erwartung und somit wird die teurere Druckerei am Ort präferiert.
20 Jahre später haben sich fast alle Druckereien vor Ort auf das Preisgefüge der Online-Konkurrenz eingestellt und haben eine günstige Digitaldruckschiene im Angebot. Für besondere Qualität, z.B. durch Veredelungen, musste natürlich bei ihnen mehr gezahlt werden, das war früher Alleinstellungsmerkmal. Mittlerweile sind die Online-Anbieter nachgezogen, z.B. Heißfolienprägung oder Volltonfarbenddruck sind jetzt möglich. Beide Arten von Druckunternehmen haben reagiert und sich an die Veränderungen angepasst. Der Preisvergleich über das Internet hat zu einer Annäherung geführt.
(Disclaimer: Diese Beispiele sind nur subjektive Beobachtungen, wie technischer Fortschritt meine Arbeits- und Lebenswelt verändert und keine wissenschaftlichen Abhandlungen.)
Als das Internet aufkam, konnten sich wenige vorstellen, welche neuartigen Funktionen es haben würde. So fragte ein US-Moderator Bill Gates Anfang der 90er Jahre etwas amüsiert, warum das Internet so ein Fortschritt sei, es gäbe bereits Radiosendungen und was wäre so besonders an Online-Radio? Bill Gates erklärte ihm, dass das Neue daran ist, es jederzeit abrufen zu können. Heute lächeln wir darüber, denn der große Mehrwert ist, dass jeder Mensch so einen Podcast/einen YouTube-Kanal zu Spezial- oder Nischenthemen ins Leben rufen kann, der Zuhörer finden, Netzwerke von Gleichgesinnten bilden und dabei auch Geld abwerfen kann. Information ist zu einem leicht handelbaren Gut geworden. Und hier liegt der Schwerpunkt noch auf menschlichen Erfahrungen, Erfindungen und Fertigkeiten. Kein Thema, zu dem sich nicht Tipps und Anleitungen finden ließen.
Heute lächeln wir über den Bill Gates der 90er Jahre, aber was wird unser Zukunfts-Ich in 5 Jahren über unsere heutigen Ansichten denken?
Das Internet auf Speed
Die Entwicklung geht rasant voran. KI-Themen sind nicht mehr wegzudenken und KI-Tools werden auch mehr und mehr angewandt: Wer die Tonspur nicht selber einsprechen möchte, nimmt seine Stimme auf und lässt die Texte künstlich vertonen. Manche Videos sind komplett KI-generiert, ebenso die Hintergrundmusik. Das steckt im Jahre 2025 zwar noch in den Kinderschuhen, aber es wird sich sehr schnell verbessern, evtl. wird es schon bald nicht mehr als artifiziell erkennbar sein. Lassen wir die generative KI mal beiseite, auch wenn es für viele die am ehesten greifbare Variante ist. Ich denke, dass die Automatisierung von Prozessen, die im Hintergrund stetig verbessert wird, am meisten verändern wird. In vielen Bereichen, z.B. Buchhaltung, Übersetzung von Fremdsprachen, Synchronsprechen, Verbesserung von Schreibstil. Im folgenden Link wird ein ganzes KI-gestütztes Operating System vorgestellt, namens Warmwind, das im Video E-Mails beantwortet und Bestellungen ausführt, ganz ohne Sachbearbeiter:
https://www.youtube.com/watch?v=x78KpaMu-zQ
Der polarisierende Elon Musk schrieb unlängst auf X, dass zukünftig alle Computer und Smartphones zu 100% KI-gestützte Betriebssysteme bekommen werden:
https://x.com/elonmusk/status/1958630152214388845
Ich könnte mir vorstellen, dass die Führungsetage bei Apple derzeit schlecht schläft, denn Google ist mit der Integration von Gemini in Android schon an ihnen vorbeigezogen. Seit 2007 nutze ich iPhones, aber 2027 könnte sich das ändern.
KI sieht aus wie dein Freund, aber …
Wenn die nächste Stufe gezündet wird und Quantencomputer die Algorithmen der KI exponentiell verbessern, dann sind wir gefährdet, überholt – am Ende gar überflüssig – zu werden. Was, wenn die eigene Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise von einem zukünftigen Super-KI-Agenten geleistet werden kann? Die Auswirkungen auf die Gesellschaften, wie wir sie heute kennen, sind nicht absehbar. Tatsache ist, dass wir die Produktivität von wenigen Arbeitnehmern stark steigern müssen, um in einer alternden Gesellschaft die nötigen Renten erwirtschaften zu können. Die KI (verbunden mit Robotik) ist hier the Next Big Thing.
Es wird in der nahen Zukunft notwendig sein, maximal proaktiv zu denken und zu handeln. Statt unkreativ, denkfaul – oder hobbylos – zu werden, uns auf ChatGPT zu verlassen, das uns Konzepte präsentiert, die genau genommen schon Vergangenheit sind, müssen wir wieder anfangen, unsere menschlichen Stärken in die Waagschale zu werfen. Das, was nur wir können, nämlich Trends und Chancen zu erspüren oder gar zu schaffen, können wir heute durch KI-gestützte Marktforschung analysieren und weiterentwickeln. Befreit von langwierigen und repetitiven Aufgaben hätten wir jetzt die Zeit und Energie übrig, um Visionen zu entwickeln.
Auf privater Ebene sehe ich künstliche Intelligenz als Ansporn, den Unterschied zwischen Generieren und Kreieren herauszuarbeiten. Nennen wir es den göttlichen Funken. Der wird in Zukunft immer wertvoller werden. Ich sehe kommen, dass Bücher, Magazinartikel oder Blogbeiträge mit dem Hinweis „Content ohne künstliche Intelligenz“ versehen werden, weil das nachgefragt werden wird.
Auf beruflicher Ebene erwarte ich, dass weniger Arbeitnehmer mithilfe von KI produktiver sein werden.
Zum Titelbild: Adobe Stock – Virtual reality glasses retro girl science fiction von studiostoks. Das erste Mal, dass ich kein von mir selbst erstelltes Bild zum Bloggen verwendet habe.
Zum Beitragsbild: Das kam heraus, als ich Adobe Firefly bat, mir ein zweites Bild für den Blogbeitrag zu generieren. Muss wohl noch am Prompt arbeiten.