
Akt now oder lieber doch nicht?
Nachdem ich mit in einem früheren Blogartikel (Textil vs. Haut) gewunden habe, über die verschiedenen Stufen von Textilfreiheit zu schreiben, gehe ich jetzt einen Schritt weiter und werde zur menschlichen Brezel. Es geht also um Aktbilder des weiblichen Körpers (meine Gedanken zum Männerakt kommen zu einem späteren Zeitpunkt). Liebhaber der Freikörperkultur werden gähnen, Normalmenschen erschaudern beim Gedanken, dass sich jemand freiwillig unbekleidet ablichten lässt. Wir reden hier übrigens von FSK 16, nicht von pornografischen Bildern, die von Urologen mit Kamera produziert wurden. Meine Beispielbilder verdeutlichen, was ich meine.
Hier ein paar Informationen zum Akt in der Kunst aus dem Lexikon vom Hatje Cantz Verlag:
Der weibliche Akt ist gefühlt das meist dargestellte Sujet in den bildenden Künsten, von Malerei bis Skulptur und Fotografie. Das muss einen Grund haben, vielleicht liegt es daran, dass die Vertreter der verschiedenen Gattungen überwiegend Männer waren?
Man blättere kurz durch Bücher von Bettina Rheims und Ellen von Unwerth, ein bisschen Stoff ist zu sehen, ein paar Männer auch. Ansonsten immer dasselbe in allen Variationen, schöne Frauen, tendenziell bis maximal unbekleidet. Damit bekommt man Aufmerksamkeit, kennt man …
Eine Stimme, die sich für Akt ausspricht, kommt erstaunlicherweise von einem Model namens Katja Gee. Ihre Argumente lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
- Für Aktfotografie braucht es keine besonderen körperlichen Merkmale, jeder kann es tun.
- Es geht um die Form des menschlichen Körpers in allen seinen Facetten.
- Aktfotografie zahlt sich aus, sprich: man kann damit Geld verdienen.
- Katja Gee hat daraus einen Vollzeitberuf machen können, in anderen Sparten des Modelns hätte sie keine Chancen gehabt.
- Aktmodeln ist befreiend, es fördert Mut und Selbstbewusstsein.
Die Risiken und Nebenwirkungen erwähnt sie auch:
- Aktbilder können die Karriere behindern oder auch den guten Ruf kosten.
- Es kann gefährlich sein, sich mit überwiegend männlichen Fotografen, also Auftraggebern, zu treffen.
Hier der Link zu ihrem englischsprachigen Beitrag bei modelmayhem: Katja Gee – Why you should pose nude
Folgende Fragen sollte man sich vor dem Shoot stellen:
- Wofür sind die Bilder letztlich gedacht?
- Was soll zu sehen sein/nicht zu sehen sein?
- Könnte man die Bilder auch öffentlich zeigen oder sollte man das besser nicht tun?
- Möchte man eine Art Dokumentation vom eigenen Körper für sich selbst oder dem Partner ein schönes Bild schenken?
Mein persönliches Fazit zum Thema:
- Wer es unbedingt möchte, macht es, muss sich aber seinen Fotografen/seine Fotografin sorgfältig aussuchen.
- Wer eine Karriere z.B. als Politiker, Lehrer oder Beamter anstrebt, sollte es tunlichst vermeiden, Aktbilder zu veröffentlichen.
Danke an Katja Tezlav und Nadine Kluge, die auf dem Titel- und Beispielbild zu sehen sind.
Über Nacktheit im Einzelnen und Akt, Erotik oder gar Pornografie im Besonderen, ließe sich vortrefflich streiten, ich bevorzuge ddoch eher das credo von Mme. Coco Chanel, die da sagte:
Weibliche Nacktheit muß man den Männern mit dem Teelöffel geben und nicht mit der Schöpfkelle.
Habe ich vor einigen Jahren noch tausende, gut bezahlte Eroticsujets produziert, verspüre ich heute immer weniger Lust dazu. Mag es daran liegen, dass mir inzwischen die zahlenden Auftraggeber oder die wohlgeratenen Models abhanden gekommen sind? Nein, es gibt auch ein Trend, mit dem ich mich so gar nicht anfreunden kann, das sind die bunten Bildchen auf der Haut.
Als fotografierende Künstlerin habe ich den Ehrgeiz eine Geschichte zu erzählen, einen Impuls zu setzen, eine Emotion zu entlocken, aber wie kann ich das tun, wenn die schrillen Motive, die lustigen Comics, die Tristesse der Arschgeweihe meiner Idee und meinem Schaffen kontraproduktiv gegenüberstehen und jedwede Bildwirkung ad absurdum führen?
Liebe Jeanette,
endlich finde ich mal eine kritische Aussage zu diesen schrecklichen „Litfaßsäulen“ auf zwei Beinen. Ich habe zwar auch schon einige Portraits mit (wenigen!) Tattoos gemacht, aber diese immer nur in S/W bearbeitet, da kann man/ich es dann noch als grafische Interpretation „ertragen“ .
Dass man Akte auch ganz anders und sehr kreativ machen kann, beweist zum Beispiel Lotta van Droom.
Dazu kommt, dass „man“ unter Akt und noch mehr unter Portraits weitgehend Bilder von jungen Frauen versteht. Akte von älteren/alten Menschen können viel beeindruckender sein (ebenso wie Porträts).
LG
dierk
Liebe Jeannette, danke für Dein Feedback.
Ich persönlich habe kein Problem mit Tattoos, aber ich gebe Dir Recht, dass sie bei künstlerischen Nudes sehr stark ablenken. Ich finde allerdings klassiche Akte mittlerweile recht langweilig. Fotografisch stellt sich immer schnell eine Sättigung ein, vielleicht machen wir einfach zu viel immer desselben … Aber es gibt sie natürlich noch, die Models ohne Beschriftung 🙂